Was, schon wieder weg?
Mit dieser Frage, die eigentlich keine Frage, sondern viel eher eine Feststellung ist, werde ich häufig konfrontiert. Interessant an dieser Frage finde ich deren Aussagekraft. Denn je nach mitschwingender Tonlage höre ich, wie die Frage stellende Person über mein Reisen denkt.
Doch dies ist eine andere Geschichte.
Von Ravenna will ich hier ebenfalls nicht berichten – schliesslich habe ich davon in «Amarcord» erzählt.
Von Berlin habe ich bereits zwei Detail-Ansichten publiziert. Beide Bilder konzentrierten ihren Fokus aufs Zusammenspiel von Licht und Schatten. Selbstverständlich finden sich solch enge Ausschnitte auch anderswo. Vor allem zu Hause, weil ich hier ja den grössten Teil meiner Lebenszeit verbringe und das nachfolgende Bild ist Beweis genug. Es zeigt die Sonnenschatten an meiner Schlafzimmerwand.
Zugegeben, um solch Schönes zu sehen / zu finden, muss frau nicht erst nach «Was, schon wieder weg» fahren.
Doch «Was, schon wieder weg» ermöglicht es, Gedanken zu vertiefen, die bis dahin nie in derselben Klarheit aufschienen. Selbstverständlich las ich über us-amerikanische Polizisten, die vor allem nicht weisse Menschen kontrollieren und von Behörden, die vor allem nicht weisse Menschen in den Knast bringen.
«Hier-auch»! Zugegeben, so deutlich wie in Berlin war dieser Gedanke in Zürich nicht.
In Neukölln besuchten wir das dokumentarische Stück «NSU-Monologe», aufgeführt von der «Bühne für Menschenrechte», in dem Schauspieler*innen die Geschichte von drei türkischen Familien erzählen, deren Angehörige vom «Nationalsozialistischen Untergrund» ermordet wurden. Die zurück Gebliebenen wurden von Polizei, Untersuchungsbehörden und Umgebung während Jahren wie Täter behandelt. Erst 2011 – 10 bis sechs Jahre nach den tötlichen Anschlägen – flog dann die rassistisch aktive Zwickauer Zelle auf. Ein Teil der Mörderbande entzogen sich durch Selbstmord der Verantwortung. Nur Beate Zschäpe steht heute vor Gericht – und schweigt.
Die Diskussion im Anschluss zeigte, dass rassistisches Handeln auch in Institutionen implementiert und verbreitet ist. Der Vertreter von «Initiative Schwarze Menschen in Deutschland» sprach von «institutionalisiertem Rassismus». Denn nur in einem rassistisch implementiertem Umfeld ist es möglich, dass während Jahren ausschliesslich im Umfeld der betroffenen Ausländer nach den Tätern gefahndet wird, selbst dann, wenn die Angehörigen der Opfer immer wieder sagten, sucht bei den Nazis, sucht unter den Rassisten. Und trotzdem richteten die Behörden, die für sich Unabhängigkeit und Neutralität reklamieren, während Jahren ihren Fokus nie aufs Eigene, immer nur aufs Fremde.
Mit welcher Konsequenz? Auf der Anklagebank sitzt heute eine schweigende Beate Zschäpe, die, so scheint es, mit den Beamten fraternisiert. Die Vertreter der Institutionen allerdings, die durch ihren rassistischen Fokus über Jahre Aufklärung verhinderten, sind bis heute von Konsequenzen ausgespart.
So viel Erhellendes nach «Was, schon wieder weg» und bereits wieder da.