Unsicher tappt die alte Frau durchs fahrende Tram. Gefährlich, denke ich. Weshalb kann sie nicht warten, bis es hält? Sie schafft’s, umklammert mit beiden Händen erleichtert die Stange am Ausgang und wartet, dass sich die beiden Türhälften auseinander schieben.
Eine junge Frau geht ihr hinterher; der Blick der Alten voller Skepsis. Die Junge stellt sich neben die um Jahrzehnte ältere und hält ihr eine bunte Papiertüte entgegen. Das faltig modellierte Gesicht wandelt sich in sichtliche Erleichterung. Sie greift zum Sack, bedankt sich bei der Frau, die ihre Enkelin sein könnte für deren Aufmerksamkeit und sagt: «Ich darf einfach nicht mehr an etwas rumstudieren; das geht einfach nicht mehr.»
Ich kenne dieses Phänomen. Wie oft suche ich nach Dingen. Wie oft sind sie mir schon abhanden gekommen, weil ich unkonzentriert war und deshalb Wege wiederholte, um auf ihnen verloren geglaubtes wieder zu finden. Der letzte Schock war, als Portemonnaie mit Generalabonnement, Kreditkarte, Fahrausweis, Personalausweis unauffindbar waren. In meiner Verzweiflung telefonierte ich dahin, wo ich 24 Stunden zuvor einen Kaffee getrunken hatte. Nichts.
Doris war nicht zum ersten Mal meine Rettung. Nachdem ich alles durchsucht hatte, folgte sie noch einmal meinen Spuren und entdeckte die rote Geldbörse im Auto. Sie lag prominent auf dem Beifahrerinnensitz – an einem für mich ungewohnten Ort.
Danach nahm ich mir einmal mehr vor: Von nun an keine parallelen Denkereien mehr und auch keine unfertigen Abläufe mehr. Alles nur noch schön ritualisiert an seinen gewohnten Platz zurück legen. Allerdings ist mir bewusst, dass hinter dem guten Vorsatz bereits die nächste Nachlässigkeit lauert.