Am letzten Tag unserer Reittour besuchen wir zwei Pferdeställe, die so exquisit sind, dass unser Gastgeber uns sogar anmahnt, uns «ordentlich» zu benehmen. Was er damit meint, kann er nicht richtig erklären. Aber wir alle wissen, dass es um etwas ganz anderes geht. Denn für den einen Gruppenteilnehmer ist der Ausflug eine Bräutigamschau. Mit eigenen Augen will er sehen, welchen Begatter er im Katalog für seine fuchsbraune Isländer-Stute, die er in deren Heimat aufwachsen und «erziehen» lässt, ausgesucht hat. Jede Störung würde ihn und die Besitzerin des ausgewählten Hengstes im Ritual allzu sehr irritieren.
Dass auch Isländer – die urigen Tiere, die in kältesten Winternächten auf weitesten Weiden im Freien verbringen – wie Vieh auf Schönheit, Farbe, Charakter und Einsatzbereich designt werden, habe ich mir bis der Ausflug Gesprächsthema wurde, nie überlegt.
Nun gut, halten kann man davon, was man will. Aber anscheinend, so liess ich mir sagen, ist dies mitunter auch ein Mittel gegen Inzucht.
In der Halle wird nun das Können eines braunen Isländers vorgeführt. Denn die schwarzen sind bei der Katalogauswahl von vornherein überblättert worden. Die seien des Teufels, meint der Besitzer der Zuchtstute und erwähnt, dass sein persönliches Urteil auf eigenen, schlechten Erfahrungen beruht.
Auch davon kann man halten, was man will. Letztlich sitze aber auch ich mit allen andern in der Halle und staune.
Am Ende der Vorführung gratulieren die echten Islandpferd-Vernarrten ihrem Kollegen, nicken anerkennend, als die Reiterin in die Runde schaut und streichen dem Bräutigam, der von seinem Glück noch nichts ahnt, ermunternd übers Fell.
Jedenfalls war es alles in allem ein gelungener Ausflug.