Pyjama

Mit individueller Freiheit umgehen zu können, ist nicht nur einfach. Jedenfalls fällt es mir oft schwer, sie als Lebensgeschenk entsprechend wertzuschätzen.

Und andern geht es oft nicht anders.

Als eine meiner Freundinnen bei Doris und mir am Tisch sitzt, findet das Gespräch, das die Hergereiste und ich schon bei unserer Schiffsfahrt über den Bodensee lancierten, seine Fortsetzung. Wir beiden Zuhörenden finden es fast schon absurd, als sie gesteht, dass sie sich kaum getraue morgens um elf Uhr im Pyjama auf dem Balkon eine Zigarette zu rauchen. «Was denken auch die andern von mir», sagt sie, die mit einem Teilzeitpensum noch immer arbeitstätig ist, allen ernstes. Wir lachen zwar alle drei darüber, weil wir wissen, dass es die andern nichts angeht. Wir sind uns allerdings bewusst, wie schwierig es ist, sich von den anerzogenen Konventionen «das gehört sich-das gehört sich nicht» zu lösen.

Auch darüber reden wir.

Mein Ding ist nicht das «Pyjama-Problem», sondern die Freiheit zu haben, die Freiheit einfach zu nutzen. Nur nutzen – an sinnvoll denke ich dabei noch nicht einmal. Und deshalb sage ich, was wiederum die andern zum Lachen bringt: Mich an etwas festbeissen, wie ein Hund an seinem Knochen, nach dieser Leidenschaft würde ich seit der Pensionierung in meinem neuen, strukturbefreiten Leben suchen.

Also doch den Tag mit Strukturen besetzen? Nein, auch das nicht.

Es braucht Doris und meine Freundin, um in unserer Diskussion dabei mitzuhelfen, im Moment, wo alles kaum mehr zählt, ein Absacken in den Pensioniertenblues zu verhindern und mich dennoch zu ermutigen, Knochen hin oder her, die viele Freiheit in meinen dauerferien als Freiheit zu sehen.

Der heutige Tag – wird also erneut zu meinem Übungsfeld! Vielleicht trainiert auch sie das Geniessen der elf-Uhr-Zigarette auf dem Balkon im Pyjama.

 

Pause

Und nun kommt erst einmal eine Pause.

Ich werde zusammen mit Doris für ein paar Tage im Ruderboot dem Ufer des Bodensees entlang gleiten, sofern das Wasser nicht allzu wellig sein wird. Wir – sie und ich – im Gleichtakt in schönsten Naturstimmungen von Arbon über Kreuzlingen bis Mammern und wieder zurück. IMG_1858Schreibpause. Wenn DU nun vermeiden willst, meinen Blog anzuklicken und nur die bereits gelesene Geschichte wieder vorzufinden, kannst DU dauerferien abonnieren. So wirst DU  künftig ein Mail erhalten, wenn ich etwas Neues publiziere.

Wie das geht?

Ganz einfach. DU klickst das entsprechende «Folgen»-Icon an, fügst deine Mail-Adresse ins entsprechende Feld ein und tippst auf «senden». Fertig. Danach wirst DU jedes Mal übers Erscheinen einer neuen Geschichte informiert – auch nach einer Schreibpause. Was hältst DU vom Vorschlag? Ein Versuch wär’s allemal wert.

Und ganz zum Schluss: Danke, dass DU jeweils meine dauerferien-Geschichten liest.

Fokus

Das Leben B hat mich wieder: Nach Filmfestival, Hitzepause und siebenwöchigem Timeout auf Island sitze ich nach knapp vier Monaten Abwesenheit erstmals wieder in meinem Atelier, das ich mir – weit- und umsichtig, wie ich bin – vor über einem Jahr im Hinblick auf meine Pensionierung zugemietet habe. Ich plante und entschied mich damals für einen sanften und gegen einen abrupten Umstieg. Deshalb suchte ich einen Ort ausserhalb meiner eigenen vier Wände – einfach weg von Staubsauger und Kühlschrank – eine Umgebung, die mir die Möglichkeit bietet, kreativ zu sein. Im Zürcher Kreis 5 fand ich diesen Raum.

Mit 64 Jahren, nach über 40 Jahren Erwerbstätigkeit beim Schweizer Fernsehen, fühle ich mich einfach noch immer zu jung, um nur in den Tag zu leben. Dennoch bin ich überzeugt, dass es an der Zeit ist, ausserhalb von vorgegebenen Arbeitsstrukturen den nächsten Etappenweg in Angriff zu nehmen. Denn nun geht es darum, den Weg ins Alter zu finden. Ein Weg, der sich durch Gegensätze bewegen wird; ein Weg zwischen Herausforderung und Verweigerung, Ruhe und Unruhe, Grenzenlosem und Grenzen. Oder viel banaler gesagt: zwischen Etappenstart und (Etappen)-Ziel. Doch gerade diese Ausgestaltung hat es in sich. Deshalb hat heute, streng genommen, nicht das Leben B wieder angefangen, sondern das Leben A (AHV) oder d (dauerferien) oder P (Pensionierung) oder R (Rente). Oder wie Pensionierte mit mehr Erfahrung jeweils betonen: Das paradiesische Leben beginnt erst jetzt so richtig.

Wie dem auch sei: In meinem Atelier habe ich jedenfalls heute Morgen im Hinblick auf diesen, mir neuen Lebensabschnitt – «Auf!-das-Paradies-ruft» – als erstes das Ausstellungsposter der Fotografin Ré Soupault aufgehängt, weil es plakativ zeigt, was ich suche – nicht eine Hoffnung, die möglicherweise auch Paradis genannt wird, sondern, dass es mir gelingt, mit Weitsicht meinen Fokus zu setzen.

IMG_2100IMG_2098