Niemand anderer als meine Schwester wird beim Betrachten dieses Bildes auf ein anderes blenden, auf ein schwarz-weisses: Ich an der Hand meines Vaters; wir beide neben einander in der Morgensonne am leeren Strand.
Amarcord, nicht Fellinis Rimini, sondern unser Riccione.
Das Bild auf das nur meine Schwester mit ihrem inneren Auge überblenden kann, entstand vor 60 Jahren.
Amarcord, Riccione.
Doris war es, die mich animiert während unserer Ferienwoche in Ravenna mit dem Zug dahin zu fahren, wo ich als fünf Jährige aus Sand Strecken konstruierte, um mit dem vom Daumen schnappenden Mittelfinger die ultra leichten, farbigen Kugeln mit den Porträts von italienischen Fahrradgrössen wie Fausto Coppi und Gino Barteli auf den bergigen Parcours zu spicken.
Selbstverständlich ist heute nichts mehr wie früher.
Währenddessen wir im Ristorante Pizza essen, sucht die Frau in meinem Rücken auf ihrem Smartphone, ob es meinen Ort der Erinnerung überhaupt noch gibt. Tatsächlich: «Hotel d’Este»!
Wenig später stehen wir davor.
Es war anders, damals. Und doch war es nicht anders. Nachdem das kleine Gebäude abgerissen, in den 70er Jahren ein richtiges Hotel hingeklotzt wurde, indem wir nochmals Ferien verbrachten, steht noch immer. Auch die Dependence gibt es noch. Da, sage ich zu Doris, stand meine Schwester auf dem Balkon.
Als ich erzähle, parkiert ein Auto. Ja, sagt er, als ich ihn frage, ob er hier wohne. Und ein weiteres Kopfnicken – ja, er sei der Padrone. Als er uns zum Kaffee einlädt und uns vom Dachstock aus die Umgebung zeigt, ergibt eine Erinnerung eine weitere.
Ja, richtig – früher hatte es dort, entlang des Strandes, wo nun Häuser stehen, eine Sanddüne. Die Häuser links und rechts gab es ebenfalls nicht. Ja, Gabriella – die Frau, die uns jeweils am Morgen, Mittag und Abend die Butterröllchen im Silber servierte, sei seine Schwester.
Nach diesen Erinnerungen lasse ich mich von Doris fotografieren. Ich stehe hin wie damals, auch die O-Beine – ein Amarcord, speziell für meine Schwester.