Da schrieb ich aufs Geratewohl meiner langjährigsten Freundin ein sms mit der Frage, ob ich auf dem Weg von dort nach dort über dort fahren soll – nach Rapperswil-Jona, quasi für eine Kaffeelänge.
Ja, unbedingt.
100 Minuten später steht sie am Bahnhof und freut sich über meinen Besuch. Die Sonne scheint. Alles ist perfekt, auch die Platzverhältnisse in ihrem Lieblingskaffee – ein kleiner, enger Ort in der Altstadt mit sehr viel Charme. Wir finden nämlich noch ein leeres Tischchen.
Wir sitzen eingeklemmt: Links eine Frau, die einen Tag pro Woche auf dem Sekretariat des Altersheims arbeitet und rechts von uns der Coiffeur. Sie isst Salat, er giesst wärmende Milch in sein kaltes Birchermüesli und sagt: «Pensionierten-Müesli, nennt sich diese Version». Anschliessend reicht er das Kännchen dem Nachbarn, ein wirklich Pensionierter, der ebenfalls ein Birchermüesli vor sich stehen hat.
Und schon sind wir beim Thema.
Der Coiffeur, ein richtiger Carearbeiter, erzählt von seiner Kundschaft, die altershalber aus dem Erwerbsleben gespickt wird – «von hundert gleich auf null». Seine Erfahrung, so hören wir, lasse sich mehr oder weniger über einen Leisten schlagen: Bei Frauen dauert es vier Monate, bei Männern ein Jahr, bis sie sich daran gewöhnen und einfinden.
Zähle ich diesbezüglich zur Kategorie Frau oder Mann? Möglicherweise kenne ich die Antwort, wenn ich beide Zeitmasse durchlebt und hinter mir habe – in sechs Monaten also.
Jedenfalls verabschieden wir uns nach dem Bezahlen mit einem «Tschüss». Auch ich bin für diesen Moment mit der Runde per Du, weil die Heimat meiner langjährigsten Freundin vorübergehend auch meine war.
Doch aus der Kaffeelänge wird letztlich nichts. Wir dehnen sie um eine «Schuhlänge» (für sie) und um eine «Hosenlänge» (für mich) aus. Übrigens mein neues Kleidungsstück hat dasselbe samtene Grau wie der Morgen, an dem alles mit einem harmlosen sms begann.