Als wir auf der Sonnenterasse sitzen, Capucciono trinken und uns ein Stück Bündner Nusstorte teilen, winken die beiden Frauen, die zusammen mit ihren Männern im selben Hotel wie wir ihre Ferien verbringen, schon von weitem.
Ja, doch gerne, meinen sie, als sie sich zu uns an den Tisch setzen.
Wir erzählen einander von den Wanderungen durch die verschneiten Landschaften – sie auf den präparierten Wegen, wir durch unberührtes Weiss dank der Schneeschuhe.
Die eine meint, als das Gespräch schon etwas fortgeschrittener ist, dass ich das pensioniert Sein sicher geniesse. Eine Annahme, die ich schon oft hörte und die meist Übergangslos mit «das schönste, was einem geschehen kann», verbunden ist.
Ich erzähle, was ich Doris während eines Nachtessens sagte, nur noch etwas pointierter: Wen kümmert’s, was ich mache, wann ich aufstehe. Ich könnte es ebenso gut sein lassen, niemand würde etwas bemerken – ausser vielleicht mein engstes Umfeld. Und bevor ich die Gegenfrage stelle, mit der ich wissen will, ob ihr der Schritt vom aktiven Berufsleben ins «Nicht-mehr-müssen»-Leben leicht gefallen sei, erwähne ich noch, dass ich mich in diesem neuen Abschnitt des Älterwerdens noch immer nicht richtig eingefunden habe.
Daraufhin erinnert sich die eine an ihren letzten Arbeitstag. Zum Abschluss habe sie 50 Rosen erhalten. Im Zug habe sie mit dem riesigen Blumenstrauss auf dem Schoss während der ganzen Heimfahrt nur noch geweint und sich gefragt: «War es das nun gewesen?»
Und? War es das gewesen?
Eigentlich schon. Ja, wenn ich ehrlich bin.
Klar – meint daraufhin die andere: Manchmal wünschte sie sich auch, dass nochmals so was richtig Grosses kommt. Und, als sie realisiert, was sie eben sagt – so jedenfalls meine Wahrnehmung -, relativiert sie sofort: «Es ist schon gut, so wie es jetzt ist.»
Ich interveniere nicht. Doris ebenfalls nicht. Doch fragen wir uns beide, als wir wieder alleine an der Sonne sitzen, was so schlimm daran ist, auch über die Schattenseiten zu reden; nicht bloss im Zusammenhang mit Pensionierung und Alt werden.
Feines Ruhestandslebenstextstückchen! Nochmal was richtig Grosses erwarten, wieso in Zusammenhang mit der Arbeit? Oder habe ich das falsch verstanden. Es gibt richtig große Geschehnisse außerhalb des Berufslebens. Auf solche kommt es eher an- dazu würde ich Eure Wanderungen durch unberührten Schnee rechnen, absolut!
Gruß in die Oberländer aus dem Tauwetterland
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… dann habe ich es nicht deutlich genug formuliert. etwas richtig grosses meinte die eine frau nicht in bezug aufs arbeitsleben. auch ich denke nicht ans erwerbsleben, sondern an etwas anderes – allerdings bin ich da noch am suchenden surfen. vielleicht ist es nun etwas verständlicher geworden, was ich aussagen wollte. lieber gruss. barbara
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Hallo Barbara, bei mir ging ja der Übergang in die Rente schon viel eher los – keine Erwerbstätigkeit mehr wegen Arbeitslosigkeit, aber auch noch keine Rente. Da das Familienleben bei mir sehr zurückhaltend stattfindet, habe ich ab 2004 angefangen, mehr oder weniger ehrenamtlich mich um Kinder zu kümmern. Der Großelterndienst bringt suchende Mütter und wollende Großmütter zueinander.
Die Bloggerei ab 2009 war auch eine Art von Beschäftigungs(suche).
Zum einfach nur „Freizeit genießen“ war ich mir damals noch zu jung. Jetzt sehe ich das ein wenig anders – doch die ganz großen umstürzlerischen Erlebnisse erwarte ich nicht mehr – wenn sie kommen, wäre es nicht schlecht.
Lieben Gruß
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liebe clara – ich glaube auch, dass ich das mit der «freizeit» vollumfänglich geniessen, noch lernen muss. danke für deine gedanken, bzw das erzählen deiner erfahrungen! lieber gruss. barbars
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Clara. umstuerzlerische Erlebnisse, herrlich, dieser Ausdruck!!
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